Dienstag, 4. November 2008

Eindrücke + Gedanken zum Wahlabend

CNN läuft ständig nebenher, jede Minute fliegen neue Zahlen über den Bildschirm. Gegen 6 Uhr abends schließen die ersten Wahlbüros, Ergebnisse gibt es noch nicht. Ab und zu laufen Spots gegen Obama, in denen der skandalöse Geistliche gezeigt wird, von dem sich Obama mittlerweile distanziert hat.

Ich gehe zu Freunden zum Essen und bin kurz nach halb 9 abends wieder da und staune nicht schlecht.

207 Stimmen für Obama : 135 Stimmen für Mc Cain.

Mit so einem Abstand hatte ich nicht gerechnet, aber es waren gerade mal die Hälfte der Wählerstimmen ausgezählt.

Seit 1948 wird, mit Unterbrechung einiger Jahre, traditionell zuerst in zwei Dörfern im US-Staat New Hampshire gewählt. In Dixville Notch und Hart’s Location öffenten die Wahllokale bereits um Mitternacht. Insgesamt war die Wahlbeteiligung im Land sehr hoch, vergleicht man die vorhergehenden Wahlen, und es gab auch viele Frühwähler.

Die Euphorie hält sich hier in Alamogordo tagsüber in Grenzen, in der Stadt ist ganz normaler Verkehr. Doch so langsam kommt super Stimmung auf, zumindest auf verschiedenen Wahlparties, die ich per Liveübertragung im TV verfolgen kann. CNN möchte erst gegen Mittag des nächsten Tages die Sendungen über die Wahl einstellen.

Tja, kaum eine viertel Stunde später, um 21 Uhr Mountain Time, steht das vorläufige historische Ergebnis schließlich fest: Obama wird mit 297 : 139 Stimmen als erster Afroamerikaner ins Weiße Haus in das Oval Office gewählt! Die Anhänger in Chigaco sind außer sich.

Freudentränen laufen auch über das Gesicht des Reporters, selbst auch Afroamerikaner, und er spricht leider wahre Worte. Er freut sich über den Sieg, ist aber auch erschrocken darüber, dass es Menschen gibt, die gegen Obama als Kandidaten protestierten und Geld für Kampagnen gegen ihn zahlten, nur aufgrund seiner Hautfarbe.

21:20 Uhr spricht Mc Cain in Phoenix, Arizona, drückt Symphatie für Obama aus und macht sich zum ersten Mal beliebt bei mir. Er gratuliert nicht nur dem Sieger; mittlerweile 333 : 155 Stimmen – die Endauszählung ist noch eine Weile hin; und sichert ihm seine Unterstützung zu, ermutigt seine Anhänger der Zunkunft positiv entgegen zu sehen. Denn Verlierer und Gewinner lieben beide das Land Amerika und beide würden nur dessen Bestes wollen. Er blickt zurück, bedankt sich für die Unterstützung beim Wahlkampf und bringt zum Ausdruck, dass sie ihm eine wunderbare Erfahrung bedeutet. Und ich bin mir sicher, dass er "Native American " (sein kleiner Versprecher vor dem Wort "Afro American" als Bezeichnung für Obama) sagen wollte. :-D

Wann kommt Obama auf die Bühne?

Während gespannt auf ihn gewartet wird, wertet man die Wahl weiter aus und führt verschiedene Interviews . Sogar die Tochter von Martin Luther King kommt zu Wort.

Um 21:57 Uhr kommt der Sieger dann endlich auf die Bühne. Man hört laute „Yes, we can!“ Rufe und viel, viel Jubel. Die zukünftige neue First Lady verlässt eine Minute später mit den Kindern die Bühne und Obama hält eine etwa 15 Minuten andauernde Rede.

Er macht nochmal deutlich, dass der Wandel kommen wird und dass die Vereinigten Staaten von Amerika diesen als ein Volk gemeinsam erreichen werden.

Er blickte ebenso auf den Wahlkampf zurück, sprach anerkennende Worte für seine Gegner, dankte seinen Mitstreitern und gedachte mit klarer Stimme auch seiner kürzlich verstorbenen Großmutter.

Zum Schluss der Rede ging er nochmal auf die wichtige Bedeutung des gemeinsamen Anpackens ein, der Einigkeit, der Zusammenarbeit und Zuversicht. Über Ann Nixon Cooper und ihre Teilnahme an der Wahl sprach er besonders lang. Ann ist 106 Jahre alt, wurde eine Generation nach Abschaffung der Sklaverei geboren, durfte als junge Erwachsene aus zwei Gründen nicht wählen: weil sie schwarz und eine Frau war. Ihre Teilnahme an der Wahl 2008 zeige, was möglich werden kann, wenn man sich für notwendige Veränderungen einsetzt.

Immer wieder hört man „Yes, we can!“ und Obama wird noch ein paar Minuten gefeiert, bevor er die Bühne verlässt.

Seinen Sieg hat Obama nicht nur seinen Anhängern, seiner Partei, den jungen Erstwählern, die er motivierte, zu verdanken; auch der Situation der letzten Jahre und der aktuellen Finanzkrise. Anteil hat auch seine persönliche Lebensgeschichte und was er daraus machte.

Zuversicht wird der neue und dynamische Hoffnungsträger in der Tat gebrauchen können. Die Wirtschaft des in den letzten Jahren recht gespaltenen Landes hängt mit zwei Dritteln am Konsum. Die Lage ist angespannt. Das Volk erwartet einen Wandel und hat ihn heute gewählt.

Die Auswirkungen seiner Politik auf Deutschland werden sich zeigen. Man geht davon aus, dass die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und den USA verbessert werden.

Obama wird als erster Afroamerikaner Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, die Nummer 44 seit Washington.

Ich bin nun gespannt was bis zur Amtsübernahme und was danach passiert, wenn 21 Monate Wahlkampf Geschichte sind und für zwei Jahre das Thema Wahl nicht mehr auf allen Titelseiten sein wird.

Übrigens: Obama ging erst 1996 in die Politik, in dem Jahr, als Bill Clinton (ebenso Demokrat) seine zweite Amtszeit besiegelte.




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